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Wälzlager - 2018-12-11

25 Jahre Lebensdauer bei starken dynamischen Belastungen: Wälzlager in Wind-energieanlagen müssen sehr hohe Anforderungen erfüllen

Forschungsgegenstand „White Structure Flaking


Mit „White Structure Flaking“ bezeichnet man ein Schadensbild von Wälzlagern, das u.a. bei Windenergieanlagen auftritt und das sehr frühzeitig, d.h. deutlich vor Erreichen der berechneten Lebensdauer der Wälzlager, bemerkbar wird. Lange waren die Ursachen unbekannt, nun gibt es neue Erkenntnisse.

Wälzlager für Windenergieanlagen (WEA) müssen hohe Anforderungen an Lebensdauer und Belastbarkeit erfüllen – und diese Anforderungen steigen weiter. Traditionell wird die Auslegung der Lager von Onshore-Anlagen für eine Lebensdauer von 175.000 Stunden gefordert. Das entspricht 20 Jahren. Aufgrund der hohen Investitionen, die in Offshore-Windparks getätigt werden, und der schlechten Zugänglichkeit der Anlagen werden hier, in diesem stark wachsenden Marktsegment, 25 Jahre Lebensdauer gefordert.

Höhere Lebensdauer, hohe dynamische Belastungen

Angesichts der extrem dynamischen Belastungen, die auf den Antriebsstrang von WEA einwirken, stellt diese Anforderungen eine echte Herausforderung dar. Bei Onshore-Windenergieanlagen werden die Hauptlager schon mit rund 1 Meganewton (MN) belastet. Auf See wirken aufgrund der höheren Windgeschwindigkeiten nochmals höhere statische und vor allem dynamische Belastungen auf die Rotorblätter und damit auf das gesamte Antriebssystem der WEA ein.

Zugleich steigt die Größe und Leistung der Anlagen sowohl in Onshore- als auch in Offshore-Anwendungen weiter an. NSK fertigt aktuell Wälzlager für 9,5 MW-Offshore-Anlagen, die kurz vor der Serieneinführung stehen, und entwickelt zurzeit Wälzlager für Offshore-WEA mit noch höheren Nennleistungen. Bei den Onshore-Anlagen geht der Leistungsbereich bis 6 MW.

Condition Monitoring von Wälzlagern

Diese beiden Faktoren – höhere Leistungen und wachsender Marktanteil an Offshore-Anlagen – sind zwei wesentliche Gründe für die genannten höheren Anforderungen an die Lebensdauer der Wälzlager. Damit ist die Windenergietechnik ein ideales Anwendungsgebiet für die Online-Zustandsüberwachung („Condition Monitoring“) von Wälzlagern, bei der kontinuierlich die Schwingungen im Antriebssystem gemessen und ausgewertet werden. So kann z.B. im Falle eines Lagerschadens die schadhafte Komponente (Innen- oder Außenring, Wälzkörper oder Käfig) anhand des Messprofils frühzeitig ermittelt werden. Ein solches Condition Monitoring-System befindet sich u.a. in einem japanischen Offshore-Windpark im Einsatz. Seine Aufgabe ist es, Unregelmäßigkeiten zu erkennen, so dass die Wartungsintervalle der Anlagen – im Sinne der „Predictive Maintenance“ – entsprechend getaktet werden können. NSK sieht hier großes Marktpotenzial.

Intensive Werkstoffentwicklung

So hilfreich das Condition Monitoring als Sekundärmaßnahme in kritischen Anwendungsfällen auch ist – primäres Ziel der Entwickler von Wälzlagern für Windenergieanlagen ist und bleibt es, eine hohe Lagerlebensdauer sicherzustellen und das Auftreten jeglicher Unregelmäßigkeiten während dieser Zeit zu vermeiden.

Hier haben die Hersteller bereits viel erreicht. Einen wichtigen Beitrag dazu hat die Entwicklung neuer Werkstoffe und Wärmebehandlungsverfahren geleistet. Ein Beispiel ist der NSK-eigene Sonderstahl STF. Wälzlager, die aus diesem Material gefertigt werden, erreichen eine doppelt so hohe Lebensdauer wie Lager aus konventionellen Wälzlagerstählen. Die damit verbundene Tragzahlsteigerung wurde im Dezember 2017 durch DNV GL bestätigt und zertifiziert.

Die hohe Lebensdauer dieses Werkstoffs wird durch eine besondere chemische Zusammensetzung und auch durch ein spezielles Wärmebehandlungsverfahren erreicht. Typische Schadensbilder wie zum Beispiel Anrisse in den Lagerlaufbahnen, die durch nichtmetallische Einschlüsse im Wälzlagerstahl verursacht werden können, treten daher bei Wälzlagern, die aus diesem Werkstoff gefertigt werden, praktisch nicht auf.

Ursachenforschung bei „White Structure Flaking“

Ein Thema, das die Branche allerdings nach wie vor umtreibt, ist das Schadensbild des „White Structure Flaking“ (WSF) oder „White Etching Cracks“ (WEC). Hier führen weiß anätzende (daher der Name) Strukturen im Gefüge unterhalb der Laufbahn zu einer Versprödung mit nachfolgender Rissbildung und Lagerausfall. Weiterhin typisch ist, dass dieser Schaden relativ früh während der Anlagenlaufzeit auftritt – und dass er zu den am häufigsten auftretenden Schadensphänomenen von Wälzlagern in Windenergieanlagen zählt.

Intensive Untersuchungen in der Forschung und Entwicklung von NSK haben zunächst die Entstehung des Schadens nachbilden bzw. erklären können. Verschiedene Rollkontaktermüdungstests zeigen, dass weiße Strukturen durch Wasserstoffeintrag hervorgerufen werden. Dieser Eintrag wird mit hoher Wahrscheinlichkeit durch eine Kombination mehrerer Faktoren verursacht: axialer oder tangentialer Schlupf zwischen Wälzlager und Lagerinnenlaufbahnen, Elektrizität und bestimmte Schmierstoffzusammensetzungen.

In der Folge penetriert der Wasserstoff in die Laufbahn und bildet dort die typischen weiß anätzenden Strukturen aus, die zu sich verstärkender Rissbildung führen und letztlich zur Ermüdung (Flaking). Die Risse können mehrere Millimeter lang sein und wachsen vom Inneren hin zur Oberfläche. Zerstörende Prüfungen von Wälzlagern aus dem Feld, die keine Oberflächenschäden aufweisen, zeigen zudem, dass in diesen Lagern unter der Oberfläche durchaus weiß anätzende Strukturen auftreten können.  

Untersucht man die Schäden genauer, stellt man fest, dass sich das ursprüngliche martensitische Gefüge unter dem Einfluss von Wasserstoff zu einem sehr feinkörnigen spröden Ferrit umgewandelt hat, das eine deutlich höhere Plastizität aufweist.  Dieses Phänomen beschreiben die Werkstoff-Experten als „Hydrogen Enhanced Localized Plasticity“, kurz „HELP“-Theorie. Zu seinen Kennzeichen gehört es, dass die Plastifizierung nur lokal auftritt und die globale Ermüdung des Wälzlagers gering ist, es sich also nicht um einen der klassischen Ermüdungsschäden handelt, die ihre Entstehung unter der Laufbahn (durch Einschluss nichtmetallischer Partikel) oder in der Laufbahn (durch starke Verschmutzung) haben. Darauf deutet auch das Auftreten nach relativ kurzer Betriebszeit des Lagers hin.

Vergleich von neuen und verbauten Lagern

Aus diesen Untersuchungsergebnissen und Erkenntnissen resultiert die nächste Fragestellung: Woher kommt der Wasserstoff? Durch Vergleiche mit neuen und bereits verbauten Lagern fand die NSK-Zentralforschung heraus, dass er sich erst im Betrieb der Lager bildet.

Vermutlich – so lautete die erste Idee – stammt der Wasserstoff aus den Kohlenwasserstoff-Ketten von Schmierstoffen und ihren Additiven. Diese These erhärtete sich, nachdem das typische Schadensbild der weißen Strukturen mit bestimmten Ölen und Fetten im Labor reproduziert werden konnte.

Diese Theorie ist auch deshalb plausibel, weil in den 1990er Jahren in der Automobilindustrie ähnliche Schäden auftraten. Hier kam es an den Wälzlagern von Riemenspannern und Lichtmaschinen zu vorzeitigen Ausfällen. Ein Wechsel des Fettes bzw. des Riemenwerkstoffs brachte Abhilfe. Zu klären ist u.a. noch, welchen Einfluss die Elektrizität (Stromdurchgang) bei der Entstehung des Schadens spielt.

Neue Legierungen, gezielte Wärmebehandlung

Auch die Reduzierung von Wälzkörperschlupf – das zeigten weitere Versuchsreihen bei NSK – minimiert das Risiko des Auftretens von White Etching Cracks. NSK hat neuartige Legierungen entwickelt, die im Rollkontaktermüdungstest bessere Ergebnisse bringen. Die optimierte chemische Zusammensetzung führt bei Versuchen unter Wasserstoffzufuhr zu einer fünffach erhöhten Widerstandsfähigkeit gegen White Structure Flaking im Vergleich zu konventionellen Wälzlagerstählen.

Eine deutliche Verbesserung wird auch durch eine optimierte Wärmebehandlung erzielt. So kann man durch Carbonitrieren (als Alternative zum Durchhärten) die Druckeigenspannung unter den Laufbahnen erhöhen. Damit wird zwar die Bildung der weißen Strukturen nicht verhindert. Aber aus diesen Strukturen heraus bilden sich deutlich weniger Risse, die zudem langsamer zur Oberfläche hin wachsen.

AWS-TF als neuer Wälzlagerwerkstoff

Auf der Basis dieser Erkenntnisse hat NSK mit AWS-TF (das AWS steht für „Anti-White Structure“) einen neuen Wälzlagerwerkstoff eingeführt, der die optimierte chemische Zusammensetzung des Stahls mit einer optimierten Wärmebehandlung kombiniert.

Versuchsreihen zeigen, dass Wälzlager aus AWS-TF das Risiko der White Etching Cracks zwar nicht gänzlich beseitigen. Aber die Dauer bis zum Auftreten dieses Schadens verlängert sich (im Vergleich zu konventionellen Wälzlagerstählen) um den Faktor Sieben. Erste Felderfahrungen an kritischen Einbaustellen bestätigen diese Testergebnisse.  



NSK bietet seit rund 20 Jahren ein breites Programm an Wälzlager für die Getriebe von Windenergieanlagen



Das Schadensbild der „White Etching Cracks“ in einem Lagerring
 


Mit AWS-TF hat NSK einen neuen Werkstoff speziell für Wälzlager entwickelt, die in Windenergieanlagen zum Einsatz kommen

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